Die Bahnhofsmission Osnabrück feiert ihr 125-jähriges Bestehen

Nachricht 29. September 2022

Kirche am Bahnhof

An 14 niedersächsischen Bahnhöfen helfen Mitarbeitende der Bahnhofsmissionen Reisenden. Aber sie sind auch erste Anlaufstelle für Menschen in schwierigen Lebenslagen. Eine der größten dieser Einrichtungen ist die im Hauptbahnhof in Osnabrück – sie feiert nun ihr 125-jähriges Jubiläum.

„Die machen das mit Liebe“, sagt ein Mann, der in seinem Rollstuhl am Eingang der Osnabrücker Bahnhofsmission wartet, um eine Tasse frischen Kaffee von einer Mitarbeiterin in ihrer azurblauen Weste an der Tür in Empfang zu nehmen. Postpandemisch, nachdem die Verpflegung in der Bahnhofsmission wieder möglich ist, finden nun wieder genauso viele Begegnungen in der Bahnhofsmission wie außerhalb statt.

Die Arbeit in der ökumenisch geführten Bahnhofsmission umfasst die Versorgung von Menschen, die Unterstützung auf ihrer Reise brauchen, Hilfe suchen oder sich in einer Notlage befinden. Hier bekommen Menschen Verpflegung und Kleidung. Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist dabei die soziale Beratung. Gegebenenfalls vermitteln Mitarbeitende Besucherinnen und Besucher auch an spezialisierte Beratungsstellen von Diakonie und Caritas.

Die Bahnhofsmission lebt vom Ehrenamt

Etwa 25 ehrenamtliche Mitarbeitende arbeiten in der Bahnhofsmission Osnabrück. „Die Bahnhofsmission lebt vom Einsatz der Ehrenamtlichen. Hilfe mit Herz und Hand ist gefragt, am Bahnsteig, wie bei der Begleitung hilfesuchender Menschen. Ein Engagement, welches sowohl als kurzfristiger Einsatz als auch langfristiges Ehrenamt möglich ist. In der Bahnhofsmission wirken Alt und Jung mit und jeder kann sich mit seinen Talenten und Möglichkeiten einbringen“, so Monika Schnellhammer, Geschäftsführerin des Caritasverbands für die Stadt und den Landkreis Osnabrück.

Eine der Ehrenamtlichen ist Rita Haak, ihr wurde soeben die goldene Caritas-Nadel für ihre 25-jährige ehrenamtliche Tätigkeit bei der Bahnhofsmission verliehen. „Ich arbeite hier sehr gerne, es schenkt mir Dankbarkeit“, sagt Rita Haak und ergänzt „Ich weiß es zu schätzen, was ich zu Hause habe, meine Familie und mein Umfeld. Ich bin sehr geliebt und weiß mich beschenkt, weil es ganz viele Menschen gibt, die das nicht haben“, erklärt sie.

Mehr Menschen fragen nach Hilfe

Derzeit ist spürbar, dass durch die vielen Krisen die Belastbarkeit in der Gesellschaft stark zugenommen hat. „Nicht nur die Anzahl der Menschen, die uns aufgrund von Armut aufsuchen, steigt, sondern auch die der Personen, die unter psychischen Problemen leiden und aggressives Verhalten zeigen“, sagt Marcel Bohnenkamp, Leiter der Osnabrücker Bahnhofsmission. Auch für ukrainische Geflüchtete ist die Bahnhofsmission eine wichtige Vermittlungsstelle geworden, in der sie Tickets für Weiterfahrten und Vermittlung, zum Beispiel zu Unterbringungsmöglichkeiten, erhalten.

Die Bahnhofsmission hilft Reisenden im Bahnhof

Im Osnabrücker Hauptbahnhof unterstützt die Bahnhofsmission reisende Menschen mit Um- und Ausstiegshilfen und gibt Orientierung. Außerdem bietet die Einrichtung auf Reisen in Regionalzügen Reisebegleitungen nach Voranmeldung an. Das sind oft Kinder ab sechs Jahren, die allein unterwegs sind, ältere Menschen, die sich das Alleinreisen nicht mehr zutrauen oder mobilitätseingeschränkte Menschen.

„Angesichts der demografischen Entwicklung gewinnen die Hilfeangebote der Bahnhofsmission zunehmend an Bedeutung. Die Umsteigehilfe und Begleitdienste tragen sehr dazu bei, Menschen mit Unterstützungsbedarf ihre Mobilität im Reise- und Nahverkehr zu ermöglichen“, erklärt Christiane Mollenhauer, Diakonie-Geschäftsführerin für das Geschäftsfeld Beratung, Behandlung und Betreuung.

Zuletzt war das 9-Euro-Ticket und die damit verbundene stärkere Nachfrage für Assistenzen im Reiseverkehr für mobilitätseingeschränkte Menschen eine Herausforderung. Nicht nur, da der Bahnhof nicht in allen Bereichen barrierefrei zu bereisen ist, sondern da auch Aufzüge manchmal ausfallen und der Spalt zwischen Tür und Bahnsteigkante für Menschen mit Rollstuhl oder Kinderwagen weiterhin einer Assistenz bedarf.

Geschichte der Bahnhofsmission beginnt Ende des vorletzten Jahrhunderts

Ende des 19. Jahrhunderts waren es Frauen eines evangelischen Gebetskreises, die am Bahnhof jungen Frauen, die vom Land kamen, um in der Stadt Arbeit zu finden, am Bahnhof sichere Unterkunft anboten. Dazu wurden sie in sichere „Kost und Logie“ weitervermittelt und bei dem Arbeitsstart unterstützt. Sie wurden so vor Ausbeutung und Zwangsprostitution von der Bahnhofsmission geschützt.

„Der Leitgedanke der Bahnhofsmission Not sehen – helfen‘“, erklärt Marcel Bohnenkamp, „hat seither nicht an Aktualität verloren.“ Im Zweiten Weltkrieg war die Osnabrücker Bahnhofsmission die Einzige, die ihren Betrieb nicht einstellte. Auch in der Coronapandemie blieb die Einrichtung durchgehend geöffnet. Es hat sich in den letzten 125 Jahren auch nicht geändert, dass soziale Veränderungen in der Gesellschaft oft nach wie vor zuerst am Bahnhof, speziell in den Bahnhofsmissionen sichtbar werden.

„Ich bin ich stolz, Teil dieser tollen Stadtgesellschaft in Osnabrück zu sein, die die Bahnhofsmission in ihrer Funktion als Seismograf gesellschaftlicher Entwicklungen auch heute so klar wahrnimmt. Sprich, wenn sich irgendwas ändert in der Gesellschaft, sind wir in die Organisation der Lösungen der Stadt direkt mit eingebunden. Daher sind wir Teil des städtischen Hilfenetzwerkes für Menschen in Not.“ Und Marcel Bohnenkamp ist sich sicher, „dass wir so unseren wichtigen Anteil für die Stärkung der Stadtgemeinschaft der Friedensstadt Osnabrück in den kommenden Jahrzehnten leisten können.“

Jubiläumsgottesdienst und Aktion auf dem Domvorplatz

Die St.-Marien-Gemeinde und der Kirchenkreis Osnabrück laden anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Bahnhofsmission am Freitag, 30. September, zu einem ökumenischen Gottesdienst ein. Der Gottesdienst in der Marienkirche beginnt um 11 Uhr und wird gestaltet von Superintendent Dr. Joachim Jeska, Christiane Mollenhauer, Geschäftsführerin Diakonie Osnabrück, und Stadtdechant Dr. Martin Schomaker.

Am Samstag, 1. Oktober, verteilen Ehrenamtliche der Bahnhofsmission in der Zeit von 10 bis 13 Uhr gegen eine kleine Spende zugunsten der Bahnhofsmission Erbsensuppe auf dem Platz vor dem Dom und stehen Interessierten für Fragen zur Arbeit der Bahnhofsmission gerne zur Verfügung.

Die Bahnhofsmission Osnabrück

Die Bahnhofsmission ist seit vielen Jahren an Gleis 1 im Osnabrücker Hauptbahnhof präsent: Vielfältige Probleme finden kreative Lösungen. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter helfen mobilitätsbeeinträchtigten Reisenden beim Ein-, Aus- oder Umsteigen. Außerdem achten sie im gesamten Bahnhofsbereich auf hilfesuchende Menschen.

Für viele ist die Bahnhofsmission eine erste, wichtige Anlaufstelle in ihrer Not: Sie kümmert uns um Wohnungslose, Drogen- und Alkoholabhängige, um Gäste mit psychischen und sozialen Problemen, um Haftentlassene, Freigänger und Migranten. Ihre Hilfe gilt Kindern und Jugendlichen, die von zuhause weggelaufen sind, Menschen, die ihre Papiere verloren haben, sowie von der Bundespolizei Aufgegriffene oder aus Einrichtungen Entwichene.

Bahnhofsmission ist gelebte Kirche am Bahnhof und damit Ort diakonischen Handelns. Bahnhöfe sind Zentren der Mobilität einer rastlosen Gesellschaft. Immer schon waren Bahnhöfe auch Brennpunkte sozialer Probleme und menschlicher Schicksale. Darum sind die Aufgaben und Hilfen der Bahnhofsmission heute mehr denn je vielfältig und umfangreich.

Bahnhofsmission bietet allen Menschen Unterstützung, Beratung und Begleitung an – unabhängig von Konfession, Geschlecht, Nationalität und sozialem Status. Menschen am und im Bahnhof brauchen aus unterschiedlichen Gründen die Hilfe der Bahnhofsmission.

Die Osnabrücker Bahnhofsmission wird von Diakonie und Caritas ökumenisch betrieben.

Zur Webseite der Bahnhofsmission bei der Diakonie Osnabrück