100 Jahre Kirchenkreissynode Osnabrück

Nachricht 26. März 2025

Der erste Kreiskirchentag 1925 in Osnabrück: Ungeliebt-willkommene Anfänge in „politisch erregten Zeiten“

100 Jahre Kirchenkreis Osnabrück. Ein Rückblick auf die erste Sitzung des Kreiskirchentags der Inspektion Osnabrück am 20. März 1925

100 Jahre und einen Tag nach der ersten Sitzung des Kreiskirchentages in Osnabrück kam die heutige Synode des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Osnabrück am 21.03.2025 im Steinwerk der St.-Katharinen-Gemeinde zusammen. In der zweiten Sitzung der noch frisch gewählten Synode ging es einmal mehr um die Zusammensetzung der Ausschüsse, die das kirchliche Leben der nächsten Jahre mitgestalten und auch prägen werden, aber auch existentielle Zukunftsfragen wie die Kategorisierung der Sakralbauten. Außerdem berichtete Pastorin Dr. Jutta Tloka in einem Rückblick auf die erste Sitzung des damaligen Kreiskirchentages. Die promovierte Kirchenhistorikerin befasste sich hierfür mit Unterlagen und Material, das aus dem Archiv des Kirchenkreises Osnabrück, der Universitätsbibliothek Osnabrück, der Stadtbibliothek Osnabrück und dem landeskirchlichen Archiv stammt. Die Handakte des damaligen Stadtsuperintendenten Ernst Rolffs fand sich im Archiv der Kirchengemeinde St. Katharinen, da Rolffs der Gemeinde als Prediger zugeordnet war.

Ähnlich wie heute blieben auch die lutherischen Christ*innen in Osnabrück 1925 nicht unberührt von den Entwicklungen in Gesellschaft und Weltpolitik. Das Ende der Monarchie und damit des sogenannten landesherrlichen Kirchenregiments und die in der Weimarer Verfassung verankerte Trennung von Kirche und Staat machten eine Neuorganisation der Landeskirche Hannovers und damit auch des Kirchenkreises notwendig. Die Landeskirche gab sich eine Verfassung, nach der die kirchlichen Gremien einzurichten waren. Entsprechend tagte der erste Kreiskirchentag (heute Kirchenkreissynode) am 20. März 1925 zum ersten Mal ohne einen Vertreter des Staates.

Dem in einer Auflage von 500 Stück veröffentlichten Protokoll ist sowohl der Wunsch nach Orientierung wie auch die Meinungsstärke der beteiligten Personen deutlich ablesbar. Wie wohl in allen evangelischen Kirchen Deutschlands der 1920er-Jahre schwankt man zwischen Betrauern des Relevanzverlusts und der Freude über die Befreiung von staatlicher Bevormundung.

Auffällig ist, wie wenig sich die Osnabrücker Mitglieder des Kirchenkreistages, sieben Frauen und 28 Männer, mit formalen und organisatorischen Fragen beschäftigen. Selbst ein detaillierterer Blick auf die Finanzen wird ausgelassen, so, wie es andere Kreiskirchentage in ihrer ersten Sitzung getan haben.

Es überwiegt vielmehr eine Diskussion über eine Frage, die auch heute noch oder wieder aktuell ist: Wie politisch, vor allem wie parteipolitisch, dürfen Kirche und vor allem ihre Geistlichen sein. Während die einen ein Verbot des Engagements evangelisch-lutherischer Christinnen und Christen bei der Sozialdemokratie herbeisehnen, kritisieren die anderen die Rede eines als nationalistisch einzuordnenden Redners in der Katharinenkirche als einseitige Parteinahme. „Bei der augenblicklichen politischen Zerrissenheit unseres Volkes ist eine politische Betätigung eines Geistlichen innerhalb seines Amtsbezirks nicht erwünscht.“ So lautet der Versuch einer Lösung, die auch dem Wunsch Rechnung trägt, sich in politisch unsicheren Zeiten für die Kirche eher vorsichtig zu verhalten. Die weiteren Einlassungen des Protokolls machen deutlich, dass dies nicht Sache der Osnabrücker Lutheraner*innen war. Hier spielte auch die Kritik der Osnabrücker Sozialdemokratin Alwine Wellmann (1891 bis 1966) eine Rolle sowie die Bereitschaft der Geistlichen der Stadt, ihre Ansichten auch theologisch fundiert und pointiert in der Presse zur Diskussion zu stellen. Die Weimarer Verfassung wurde auch auf diese Weise ernst genommen als Freiheit zur im Zweifelsfall auch politischen Rede einer sich von staatlicher Bevormundung befreit wissenden Pastorenschaft, was, wie das Protokoll des ersten Kreiskirchentags zeigt, nicht ohne Kritik und Sorge von dessen Mitgliedern wahrgenommen wurde.

Pastorin Dr. Jutta Tloka berichtet aus Unterlagen und Material, das aus dem Archiv des Kirchenkreises Osnabrück, der Universitätsbibliothek Osnabrück, der Stadtbibliothek Osnabrück und dem landeskirchlichen Archiv stammt. Die Handakte des damaligen Stadtsuperintendenten Ernst Rolffs stammt aus dem Archiv der Kirchengemeinde St. Katharinen, da Rolffs der Gemeinde als Prediger zugeordnet war.